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Texte und Themen

Name und Begriff - Der Mensch soll spielen - Spielkultur - Welt als Spiel - Liebesspiel

Name und Begriff

Sprachgebrauch und Herkunft

  • Johan Huizinga: Konzeption des Spielbegriffs und die Ausdrücke für ihn in der Sprache, in: Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel (1938), Reinbek 1987, S. 37–56.
  • Hans Scheuerl: Der Sprachgebrauch als Wegweiser zur Wesensbestimmung des Spiels, in: Das Spiel. Untersuchungen über sein Wesen, seine pädagogischen Möglichkeiten und Grenzen, Band 1, Weinheim/Basel 111990, S. 114–126.
  • Jost Trier: Spiel, in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 69 (1947), S. 419–462.

Ludwig Wittgenstein: Der Begriff ›Spiel‹ (1945)
in: Philosophische Untersuchungen, Teil I, § 65 ff.

„Wie ist denn der Begriff des Spiels abgeschlossen? Was ist noch ein Spiel und was ist keines mehr? Kannst du die Grenzen angeben? Nein.“ (§ 68)

F.G. Jünger: Einteilung der Spiele nach ihrem Entstehungsgrund
in: Die Spiele. Ein Schlüssel zu ihrer Bedeutung, Frankfurt 1953

„Kein Spiel entsteht aus dem Spiel. Das Entstehen (der Ursprung) ist kein Vorgang, der in der zeit zurückliegt; vielmehr ist er in jeder Zeit vorhanden.“ (S. 14)
„Vor jedem Spiel liegt etwas anderes, liegen Ansätze, die das Spiel erst möglich machen, ohne die kein Spiel zustande käme. Diese Ansätze sind zugleich die Fundstellen der Spiele, und drei solcher Fundstellen gibt es: Zufall, Geschicklichkeit und Ahmung.“ (S. 15)

  • Glücksspiele und Geschicklichkeitsspiele, S. 12–47.
  • Vorahmend-nachahmende Spiele, S. 47–91.

Roger Caillois: Definition und Einteilung der Spiele (1958)
in: Die Spiele und die Menschen. Maske und Rausch, München u.a. 1961, bes. S. 9–16 u. 19–20

„Einteilung in vier Hauptrubriken [...], je nachdem, ob innerhalb des jeweiligen Spiels das Moment des Wettstreits, des Zufalls, der Maskierung oder des Rausches vorherrscht.“ „Auf der einen Seite regiert fast ausschließlich ein gemeinsames Prinzip des Vergnügens, der freien Improvisation und der unbekümmerten Lebensfreude [...]. Auf der anderen Seite [...] ein wachsendes Bedürfnis, die anarchische Natur willkürlichen, gebieterischen und absichtlich hemmenden Konventionen zu unterwerfen“ (19 f.)

Hans-Georg Gadamer: Der Begriff des Spiels (1960)
in: Wahrheit und Methode, Tübingen 1960, S. 97 ff.

„Die Bewegung, die Spiel ist, hat kein Ziel, in dem sie endet, sondern erneuert sich in beständiger Wiederholung. Die Bewegung des Hin und Her ist für die Wesensbestimmung des Spieles offenbar so zentral, dass es gleichgültig ist, wer oder was diese Bewegung ausführt. [...] Die Seinsweise des Spieles ist also nicht von der Art, dass ein Subjekt da sein muss, das sich spielend verhält, so dass das Spiel gespielt wird. Vielmehr ist der ursprünglichste Sinn von Spielen der mediale Sinn.“

Der Mensch soll spielen

„Nicht Ernst, sondern Spiel“ – spudê und paidia bei Platon

 „... der Mensch [...] ist Gottes kunstvoll eingerichtetes Spielwerk, und in der Tat, dies ist an ihm sein Bestes. Dieser Eigenschaft gemäß sollte nun jeder Mann und jede Frau lebenslang nichts tun, als immer nur die schönsten Spiele feiern, – also gerade das Gegenteil von dem, wie wir jetzt denken.“ (Nomoi 803c)

Immanuel Kant: Von Kunst, Spiel und Arbeit
Über Pädagogik, Akademieausgabe Bd. 9, S. 466–472
Kritik der Urteilskraft, §§ 43–44 u. §§ 51–54.

„Man sieht die erste [die Kunst, FS] so an, als ob sie nur als Spiel, d.i. Beschäftigung, die für sich selbst angenehm ist, zweckmäßig ausfallen (gelingen) könne“ (KU § 43)

Friedrich Schiller: Über die ästhetische Erziehung des Menschen (1795/1801)
bes. 14./15. u. 26./27. Brief.

„der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt. Dieser Satz [...] wird [...] das ganze Gebäude der ästhetischen Kunst und der noch schwierigeren Lebenskunst tragen.“ (15, 9)
„Und was ist es für ein Phänomen, durch welches sich bei dem Wilden der Eintritt in die Menschheit verkündigt? [...] die Freude am Schein, die Neigung zum Putz und zum Spiele.“ (26, 3)

Spielkultur

Johan Huizinga: Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel (1938), Reinbek 1987

„Im Folgenden [...] soll gezeigt werden, dass Kultur in Form von Spiel entsteht, dass Kultur anfänglich gespielt wird.“ (S. 57)

  • Spiel und Wetteifer als kulturschaffende Funktion (S. 56–89, vgl. „Wesen und Bedeutung des Spiels als Kulturerscheinung, S. 9–37).
  • Spielformen der Philosophie (S. 161–173, vgl. „Spiel und Wissen“, S. 119–132).

Oskar Morgenstern: Theorie der Spiele und des wirtschaftlichen Verhaltens, in: Spieltheorie und Wirtschaftswissenschaft, Wien/München 1963.

„Jeder einzelne strebt nach seinem maximalen Vorteil, und die Interessen aller oder der meisten stehen miteinander in Widerspruch. Diese Lage kann in keiner Weise als ein Maximumproblem gekennzeichnet werden [...]. Man hat es hier mit einer logisch-mathematischen Situation zu tun, für die es in der Mathematik bisher keine Beschreibung gegeben hat“ (S. 75 f.).

Florian Rötzer: Aspekte der Spielkultur in der Informationsgesellschaft (1998), in: Medien – Welten Wirklichkeiten, hg. v. G. Vattimo u. W. Welsch, S. 149–172.

„Der Computer ist die ersten Maschine, die dies zum Prinzip hat und auch erlaubt: er eröffnet das Durchspielen von Möglichkeiten und lässt die Welt als Spiel erscheinen, die sie möglicherweise ja auch ist. Weil aber Spiele, Computersimulationen, Modelle oder Experimente zwar Regeln haben, diese sich aber prinzipiell ändern lassen, fügt sich die ludische Kultur zwanglos dem Projekt der Machbarkeit, also dem Bewusstsein ein, dass Gesetze nur Regeln sind und daher überschritten werden können, dass es kraft der Unvorhersehbarkeit darauf ankommt, Prozesse in Gang zu setzen und dann zu sehen, was dabei herauskommt, dass man einen Einsatz machen und etwas ins Spiel bringen muss, um sich überraschen zu lassen, dass die Verweigerung des Spiels, des Unwahrscheinlichen und des Risikos nicht nur langweilig, sondern selbst riskant ist [...]“ (168).

Welt als Spiel

Heraklit: Fragment 52 (~500 v.Chr.) und Nietzsches Interpretation

„Die Zeit ist ein spielendes Kind, das hin und her die Brettsteine setzt: Herrschaft des Kindes!“
„Ein Werden und Vergehen, ein Bauen und Zerstören ohne jede moralische Zurechnung in ewig gleicher Unschuld hat in dieser Welt allein das Spiel des Künstlers und des Kindes.“ (Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen, 7)

Martin Heidegger: Welt als „Spiel des Lebens“
in: Einleitung in die Philosophie (1928/29), Gesamtausgabe Bd. 27, Frankfurt 1996, S. 309 ff.

„»Welt« ist der Titel für das Spiel, das die Transzendenz spielt. Das In-der-Welt-sein ist dieses ursprüngliche Spielen des Spiels, auf das ein jedes faktische Dasein sich einspielen muss, um sich abspielen zu können, derart, dass ihm faktisch so oder so mitgespielt wird in der Dauer seiner Existenz.“ (312)

Eugen Fink: Spiel als Ekstase des Menschen zur Welt und als Rückschein der Welt in das weltoffene Seiende. – Welt als Spiel ohne Spieler, in: Spiel als Weltsymbol, Stuttgart 1960, S. 230–242.

„Das Weltall spielt: aber weder als Person, noch spielt es so, dass es dabei einen „Schein“, eine Unwirklichkeit“, eine imaginäre Szene erspielt. [...] Ein grundloses Walten, das alle Gründe in sich schließt, ein zweckloses Schaffen, das alle Zwecke einbegreift?“ (S. 240 f.)

Liebesspiel

Georg Simmel: Die Koketterie (1911)
in: Philosophische Kultur, Berlin 1983 u.ö., S. 93–110.

„Koketterie [ist] die Spielform der Liebe“, die „zwar mit der Wirklichkeit auch nur spielt, aber doch mit der Wirklichkeit spielt“. (104)
„Ist deshalb das gleichzeitige Haben und Nichthaben die undurchbrechliche Erscheinungsform oder auch eine letzte Basis der Erotik, so wird sie durch die Koketterie aus ihr rein abdestilliert, und zwar [...] in der Form des Spieles“. (108)
„Es ist die Form, in der die Unentschiedenheit des Lebens zu einem ganz positiven Verhalten kristallisiert ist, und die aus dieser Not zwar keine Tugend, aber eine Lust macht. Mit jenem spielenden [...] Sich-Nähern und Sicht-Entfernen, Ergreifen, um wieder fallen zu lassen, Fallenlassen, um wieder zu ergreifen, [...] hat die Seele die adäquate Form für ihr Verhältnis zu unzähligen Dingen gefunden.“ (109)

F.G. Jünger: Liebe und Spiel
in: Die Spiele, Frankfurt 1953, S. 133–153.

„Liebesspiele zeigen, wie die Liebe sich mit dem Spiel verbindet, wie sie Spiel wird, und gewiss ist, dass eine Liebe ohne Spiel etwas Ernstes und Trauriges ist. Auch die Tiere spielen vor der Paarung.“ (S. 136) „Im Anfang der Begegnungen, die zwischen den Geschlechtern stattfinden, liegen Verhältnisse, in denen Zufall und Geschicklichkeit sich verbinden. Ohne Ahmung aber, die hinzutritt, würden die Liebensspiele sich dürftig ausnehmen.“ (S. 140)

was fehlt?

die zahlreichen psychologischen (Karl Groos, Siegmund Freud, Brian Sutton-Smith) und die anthropologischen (Arnold Gehlen, Helmut Plessner, F.J.J. Buytendijk), die pädagogischen (siehe Hans Scheuerl) und kulturwissenschaftlichen Theorien.